Sinsheim. Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach ist ein Publikumsmagnet: Für 200 Besucher hatte die CDU Rhein-Neckar am gestrigen Montagabend im Auto Technik Museum Sinsheim bestuhlt, rund 350 Bürger begehrten dann tatsächlich Einlass. Flugs wurden viele Stühle herbeigetragen und Bosbach, der „65 Jahre alt werden musste, um zum ersten Mal nach Sinsheim zu kommen“, freute sich: „Ich bedanke mich bei jedem Einzelnen von Ihnen. Sie hätten heute Abend auch etwas anderes machen können. Dass Sie da sind, das zeigt Ihr Interesse an der Lage des Landes, an der Union und an der Bundestagswahl am 24. September.“
v.l. Karl Klein (MdL), Wolfgang Bosbach und Dr. Stephan Harbath (MdB) Jeder anwesende Gast widerlege die oft diskutierte Politikverdrossenheit. Bosbach: „Die Menschen trauen uns Berufspolitikern entweder alles zu oder gar nichts. Übrigens: Nach Umfragen finden 80 Prozent Politiker doof. 90 Prozent freuen sich aber, einen Politiker zu sehen.“
Bosbach selbst gehört zu den beliebtesten und bekanntesten Politikern des Landes, sein Klartext, seine geradlinige Art und sein Humor kommen an, Bürgernähe hat für ihn eine ganz herausragende Bedeutung. Als er sich kurz vor Veranstaltungsbeginn auf der Autobahnraststätte Hockenheim mit einem Brötchen stärken wollte, da wurde er von einem „Brummifahrer“ erkannt und stand diesem selbstverständlich Rede und Antwort.
„Im Kern geht es in der Politik um Vertrauen. Sie können in Minuten Vertrauen verlieren und brauchen Jahre, dieses Vertrauen zurückzugewinnen“, so Bosbach, der für „seine“ CDU ein unverwechselbares politisches Profil forderte. „Es muss klar unterscheidbar sein, wofür wir stehen. Wer den Zeitgeist heiratet, der ist schnell Witwe.“
Die CDU sei dann stark, wenn sie sich ihrer christlich-sozialen, liberalen und konservativen Wurzeln besinne. Politik verderbe übrigens nicht den Charakter. „Aber es gibt Charaktere, die die Politik verderben“, stellte der Christdemokrat fest.
„Warum tun wir uns so schwer mit unserem eigenen Land? Vielleicht, weil wir 1000 Jahre deutsche Geschichte auf das dunkelste Kapitel, die Nazibarbarei, reduzieren. Seit der deutschen Wiedervereinigung ist unglaublich viel entstanden. Man darf auch stolz sein auf das eigene Land. Das hat mit Nationalismus überhaupt nichts zu tun, sondern viel mit Patriotismus – und Patriotismus ist eine gute Sache“, sagte Bosbach, der in seiner rund einstündigen Rede auf die Entwicklung Deutschlands und Europas einging und Helmut Kohl als „Glücksfall für unser Land“ bezeichnete.
Auf europäischer Ebene solle nur das geregelt werden, was auch unbedingt europaweit geregelt werden müsse. Bosbach: „Ich bin der Überzeugung, die Europäische Union macht einen historischen Fehler, wenn sie ihre Grenzen ausdehnt bis Syrien, Irak und Iran. Ich bin gegen eine Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union.“
Deutschland sei immer ein Zuwanderungsland gewesen, da habe es immer ein Kommen und ein Gehen gegeben. „Aber in den letzten Jahrzehnten sind überwiegend Menschen aus anderen Kulturkreisen zu uns gekommen, das ist nicht zu vergleichen mit der Zuwanderung von Hugenotten aus Frankreich. Wir sind heute das Land mit der zweitgrößten islamischen Bevölkerung außerhalb des islamischen Kulturkreises. Nur Frankreich hat mehr als wir“, sagte der CDU-Innenpolitiker. Der allergrößte Teil sei friedlich, aber: „In Deutschland leben über 40.000 Islamisten, das ist der politische Arm des Islam, darunter 10.000 Salafisten, das ist die Gruppe, die uns den größten Kummer macht. Tendenz deutlich steigend.“
Bosbach weiter: „Wenn in einem relativ kleinen Land wie Deutschland 80 Millionen Menschen friedlich und konfliktfrei miteinander leben wollen, unabhängig von Staatsangehörigkeit, Hautfarbe und Religion, dann müssen ausnahmslos alle die gleiche Rechts- und Werteordnung beachten. Und das kann nur die Rechts- und Werteordnung der Bundesrepublik Deutschland sein und sonst nichts. Und darüber wird auch nicht verhandelt. Wer glaubt, in Deutschland nach den Regeln der Scharia leben zu können, hat sich das falsche Land ausgesucht.“
Den Satz „Der Islam gehört zu Deutschland´ könne er nicht unterschreiben: „Wissen Sie, was toll wäre? Wenn die Christen in den islamischen Ländern genauso viel Religionsfreiheit hätten wie die Muslime bei uns.“ Vor der Islamisierung Deutschlands habe er keine Sorgen, aber vor „der Entchristianisierung unseres Landes. Und das betreiben wir selber, wenn wir aus dem schönen Weihnachtsmarkt einen Wintermarkt oder aus dem St.-Martins-Umzug ein mobiles Lichterfest machen.“
Bosbach sprach sich mit Blick auf den islamistisch motivierten Terror für einen starken Staat aus, der nicht hilflos gegenüber denen sei, die „unserer freiheitlichen Demokratie den Krieg erklärt haben.“ Es gelte: „So viel Freiheit wie möglich, so viel Sicherheit wie nötig.“
Man müsse den Wählern verdeutlichen, dass es nicht egal sei, wem man seine Stimme gebe. „In Nordrhein-Westfalen wurde im Jahre 2016 mehr eingebrochen als in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen zusammen. Die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Straftat zu werden, ist in NRW 70% höher als in Bayern. Darum war bei der NRW-Landtagswahl das Thema Innere Sicherheit auch von hoher Bedeutung.“
Die Welt habe sich in den letzten 250 Jahren mehr verändert als in den 250.000 Jahren davor zusammen. „Als Angela Merkel Bundeskanzlerin wurde, da gab es noch kein Smartphone. Heute haben wir 80 Millionen Einwohner und 110 Millionen Handyverträge.“
Bosbach abschließend: „Wir sind ein rohstoffarmes Land. Wer nichts im Boden hat, der muss etwas in der Birne haben. Die wichtigste Investition ist die Investition in die Köpfe unserer Kinder.“
Dr. Stephan Harbarth MdB, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Kreisvorsitzender der CDU Rhein-Neckar, bedankte sich bei Bosbach für dessen mitreißenden Vortrag und bei der Familie Layher vom Auto Technik Museum Sinsheim für die Gastfreundschaft.
Unter den Gästen waren u.a. die Landtagsabgeordneten Dr. Albrecht Schütte (CDU), Karl Klein (CDU) und Claudia Martin (fraktionslos), Sinsheims Oberbürgermeister Jörg Albrecht und weitere Bürgermeister aus der Region.
(Text/Fotos: Matthias Busse)