Am kommenden Mittwoch berät der Gemeinderat den Haushalt. Bei vielen Zahlen des Haushalts bekommt einem das Frösteln. Altstadtrat und mein ehemaliger Fraktionskollege Gerolf Sauer, der viele Jahre die Geschicke der Stadt mitgestaltet hat, beklagt in seinem Leserbrief, dass Wiesloch über die Verhältnisse lebt.
Die Gründe hierfür sind vielfältig. Dass die Nachbarkommune in Geld schwimmt und wir als Große Kreisstadt auch für andere Kommunen Aufgaben mit übernehmen, lässt Zweifel am Finanzierungssystem der Kommunen aufkommen. Dass Bund und Land Ideen entwickeln, die die Kommune finanzieren müssen, gehört hier sicherlich auch mit dazu. Schließlich müsste der Gemeinderat – auch die CDU – sich selbstkritisch hinterfragen, ob alle Entscheidungen in der Vergangenheit (auch beeinflusst durch grüne Fundamentalopposition) immer gewinnbringend für die Stadt waren.
Eine wesentliche Aufgabe der Politik ist meines Erachtens die Bildungspolitik. Dies trifft insbesondere auf Wiesloch als Schulstadt zu. Nun haben wir in den letzten Jahren eine Veränderung in der Schullandschaft festgestellt. Darauf hat der Gemeinderat reagiert und unter anderem mit einem Arbeitskreis „Schulentwicklung“ Lösungen und Ideen entwickelt.
Wohlwissend wie wichtig eine attraktive und vielfältige Schullandschaft für Familien sind, wenn sie sich für einen Wohnort entscheiden. Aber auch wesentlich für unser Ziel „familienfreundliche Stadt, in der Familie mit Beruf vereinbart werden kann“ zu sein und für Zuzug weiter attraktiv zu sein. An dem AK Schulentwicklung haben Lehrer, Schüler, Eltern, Verwaltung, Jugendgemeinderat und Gemeinderat mitgewirkt, Gerolf Sauer leider nicht.
Nachdem die Nachfrage bei Ganztageskindergartenplätzen immer mehr zunimmt, war es eine logische Konsequenz diese Entwicklung im Schulbereich fortzuführen. Die Umwandlung der Maria-Sybilla-Merian-Grundschule zu einer Ganztagesgrundschule war hier ebenso eine Konsequenz wie die Fragestellung wie es nach der Grundschulzeit weitergehen soll. Und auch, weil Eltern mit den Füßen abgestimmt haben und die Wieslocher Werkrealschulen schleichend am Sterben waren, wurde die Entscheidung getroffen die Baiertaler Pestalozzischule auslaufen zu lassen, die Gerbersruhschule zu einer Gemeinschaftsschule am Schulzentrum umzuwandeln.
Zum Thema Gemeinschaftsschule gibt es unterschiedliche Meinungen. Auch innerhalb der CDU. Persönlich denke ich, dass diese Schulform eine Chance verdient hat. Da aber die Gemeinschaftsschule (zumindest vor der Landtagswahl) per se eine Ganztagesschule und per Definition eine inklusive Schule ist, hat sich auch deshalb der Gemeinderat für diese Schulform entschieden. Vergessen wir nicht die auch in Deutschland gültige UN-Behindertenrechtskonvention welche besagt: „Menschen mit Behinderungen sollen von Anfang an und in allen Lebensbereichen an der Gesellschaft teilhaben.“
Auch wenn über die Pro-Argumente zur Gemeinschaftsschule (Bildungsgerechtigkeit, Chancengleichheit, neue Lehrmethoden, Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung etc.) vortrefflich diskutiert werden könnte, geht es in der Hauptsache um die Frage: Benötigen wir bei einer veränderten Arbeitswelt für Eltern eine echte Ganztagesschule im Sekundarbereich? Aus meiner Sicht ja!
Für mich ist die Bildung ein zentrales Thema kommunalen Handels. Eine Ganztagesschule lässt sich am bisherigen Standort nicht umsetzen. Da wir alle nicht wissen wie sich Schülerentwicklungen entwickeln werden, macht der Neubau nur am Schulzentrum Sinn. Nur dort können Synergieeffekte genutzt werden und flexibel auf zukünftige Entwicklungen reagiert werden.
Was wir wissen ist, dass wir aktuell eine fünfzügige Schule für ca. 750 Schüler benötigen. Egal wie verteilt, ob eine Realschule oder eine kleinere Realschule und eine Gemeinschaftsschule (besser eine Ganztagesschule). Zwei Züge und ca. 250 Schüler sollen auf die Gemeinschaftsschule gehen.
Auch Gerolf Sauer weiß wie sanierungsbedürftig die Realschule und der Technikfachtrakt, dort regnet es aktuell rein, ist. Mit der geplanten Baumaßnahme erhalten wir einen neuen Technikfachtrakt, den auch die Realschule nutzen wird, und quasi eine Teil-Sanierung der Realschule, denn deren Sanierung bzw. Neubau in Zukunft kleiner und günstiger ausfallen wird. Ein Teil der geschätzten 16 Millionen entfällt also auf den Neubau und einen Teil auf die vorweg genommene Teilsanierung der maroden Realschule.
Wir wissen, dass mittelfristig im Schulzentrum investiert werden muss. Dann doch lieber heute bei den aktuell niedrigen Zinssätzen, oder? Finanziell wird die Stadt auch zukünftig handlungsfähig bleiben. Davon bin ich überzeugt. Zumindest wenn der Gemeinderat zukünftig gemeinsam für eine Weiterentwicklung eintritt.
Gleichzeitig bin ich aber sehr wohl dafür Entscheidungen immer wieder zu hinterfragen. Bin mir aber auch sicher, dass wenn man sich intensiv mit der Schulsituation in Wiesloch auseinandersetzt zum gleichen Ergebnis kommen würde. Skandalös ist jedoch, dass wir als Gemeinderat noch immer keine verlässliche Zahlen von Seiten der grün-roten Landesregierung haben wie hoch die Landeszuschüsse sein werden. Auch über dieses Thema wurde im Landtagwahlkampf leider nicht mehr gesprochen.
Adrian Seidler, CDU-Stadtrat
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leider keine Veröffentlichung in der RNZ