Wiesloch lebt über seine Möglichkeiten. Die Bürger müssen das bald teuer bezahlen. Der neue Oberbürgermeister und seine neue Stadtkämmerin haben dankenswerterweise in ihren Reden zur Einbringung des Haushalts in schonungsloser Offenheit die finanzielle Situation der Wieslocher Finanzen offengelegt. Immer weiter steigende Ausgaben vor allem im Bereich Kinder und Jugendliche, immer höhere Standards in allen Bereichen und die extrem hohe Schuldenlast lassen es bereits in diesem Jahr nicht mehr zu, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Das Defizit wird sich in den Folgejahren weiter erhöhen. So werden es die im Gemeinderat vertretenen Parteien und Gruppierungen sicher alle auch sehen.
Trotzdem will voraussichtlich eine Mehrheit den Bau einer komplett neuen Schule für 16 Millionen Euro beschließen und zulassen, dass die Pro-Kopf-Verschuldung auf über 3000 Euro steigen wird. Das ist so weit nur eine Zahl, die einen zwar frösteln lässt, aber mehr auch nicht. Schlimmer wird es, wenn man die Folgen daraus betrachtet.
Eigentlich müsste die Stadt schon jetzt die Steuern und Gebühren erhöhen, um wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen zu können. Stattdessen wird eine neue Schule gebaut, deren Folgekosten durch Unterhalt und Betrieb, ein bisschen Schuldentilgung und ein paar wenige Zinsen (vorsichtig gerechnet fünf Prozent der Bausumme) Jahr für Jahr den städtischen Haushalt um circa 800 000 Euro belasten werden. Man wird dann nicht umhin kommen (wahrscheinlich auch auf Druck der Aufsichtsbehörde), Steuern und Gebühren zu erhöhen. Hier wird sich dann eine Grundsteuer anbieten, da diese von der Konjunktur unabhängig und genau kalkulierbar ist und auf direktem Wege der Stadtkasse zufließt. Diese Grundsteuererhöhung müsste knapp 20 Prozent betragen, um alleine die Kosten für die neue Schule decken zu können. Rechnet man die weiteren zusätzlichen Aufwendungen hinzu, könnte sie wesentlich höher ausfallen.
Von den Befürwortern des Schulneubaus, das sind insbesondere die Grünen, die SPD und fast die gesamte CDU, erwarte ich bei der Beratung des Haushalts 2016 Antworten auf meine Fragen und Befürchtungen. Die genannten Parteien haben sich bei der letzten Kommunalwahl mit dem Einsatz für mehr Bürgerbeteiligung förmlich überboten und sollten nun den Bürgern dieser Stadt wenigstens ehrlich sagen, was auf sie zukommt.
Gerolf Sauer, Wiesloch
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Veröffentlichung in der RNZ am Samstag, 12.3.2016