"Wer was braucht, der kriegt auch was von uns“
Sandhausen. Wer sich mit Kosta Kasimatis, dem 1. Vorsitzenden der AWO Sandhausen e.V., unterhält, der merkt schnell, dass sein Herz für seine Mitmenschen schlägt, insbesondere für die Bedürftigen. Dass er selbst vom Schicksal mehrfach herausgefordert wurde und sich in persönlich schwierigen Situationen wiederfand, berichtete der AWO-Chef am vergangenen Mittwochmorgen der Landtagsabgeordneten Christiane Staab (CDU), welche mit ihrem Team das AWO-Lädle in der Albert-Schweitzer-Str. 5/1 besuchte.
„Gleich zwei Betriebe, für die ich gearbeitet habe, sind insolvent gegangen und ich wurde arbeitslos. Zum damaligen Zeitpunkt gehörte auch ich zu den Kunden der Tafel in Wiesloch und stand in einer langen Schlange, um für meine Familie etwas einzukaufen. Im Jahr 2009 war ich hier bei der AWO Sandhausen Ein-Euro-Jobber. Ich weiß daher, wie es ist, ich kenne das alles aus eigener Erfahrung“, blickte Kasimatis zurück. 2009 habe er dann auch begonnen, sich ehrenamtlich bei der AWO Sandhausen zu engagieren.
Ein Jahr zuvor sei bei der AWO Sandhausen die Idee geboren worden, für Bedürftige einen kleinen Einkaufsladen aufzumachen. Unter dem Dach der `Tafel Deutschland e.V.´ sei dies jedoch nicht möglich gewesen, denn dessen Bundesverband sah nicht die Notwendigkeit, in Sandhausen einen weiteren Tafelladen zu eröffnen: „Es gab bereits die Wieslocher Tafel und die Walldorfer Tafel hatte gerade zwei Monate zuvor geöffnet. Die damalige Vorstandschaft hat sich dann beraten und entschieden: Wir machen das trotzdem, dann eben in Eigenregie.“ Der Anfang seien drei Regalbretter mit Lebensmitteln in der Geschäftsstelle gewesen.
Die Räumlichkeiten in der Albert-Schweitzer-Str. 5/1, die früher als Wohnung für den Hausmeister der Schule diente, seien leer gestanden, für einen symbolischen Euro pro Jahr habe man diese von der Gemeinde gepachtet. Die AWO zahle daher eigentlich nur die Nebenkosten, Stromkosten und die Versicherungen. „2009 begann man, die Räume herzurichten, damals haben die Pfadfinder und weitere Freiwillige tatkräftig geholfen, damit wir im Sommer 2009 offiziell eröffnen konnten. Und im nächsten Monat dürfen wir nun 15 Jahre AWO-Lädle Sandhausen feiern“, freut sich Kasimatis.
Das Wort „Lädle“ ist in der Tat sehr treffend: Die Räumlichkeiten sind klein und überschaubar, das Angebot hinsichtlich Lebensmitteln dennoch ausreichend und durch fleißige Hände gut sortiert und ansprechend gestaltet. Ein Raum dient zugleich als Gemeinschaftsküche und Besprechungszimmer, auch neue Ware wird dort sortiert. Donnerstags sei immer Abgabetag für Lebensmittel, Kleider- und Sachspenden. Es gebe Tage, da werde so viel abgegeben, dass man kaum noch laufen könne, jeder noch so kleine Platz werde genutzt.
„Wir können keinen Vollversorger ersetzen, aber es gibt alle Grundnahrungsmittel und vieles mehr“, sagte der AWO-Chef, der stolz auf seine rund 30 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer ist, die „immer anpacken und ohne die das alles hier gar nicht möglich wäre.“ Zwei Stellen würden zudem vom Jobcenter gefördert. Auch der AWO-Second-Hand-Laden „AWORADO“, der sich ebenfalls in dem Gebäude befindet, erfahre große Resonanz. Auch zu Coronazeiten habe die AWO die Öffnungszeiten aufrechterhalten und die gewünschten Lebensmittel einfach aus dem Fenster ausgegeben.
Dankbar ist Kasimatis den vielen Unternehmen und Bürgern, welche das Lädle unterstützen und die er ausdrücklich nennt, hierzu gehören unter anderem ALDI Süd, die Bäckerei Breiter, der Obst- und Gemüsehandel Diem, die Bäckerei Grimminger sowie zweimal im Jahr REWE Sandhausen.
„Große Unterstützung erfahren wir auch immer durch den Lions Club Leimen und die Firma Scholl. Zur Weihnachtszeit gibt es eine entsprechende Aktion mit den Sandhäuser Apotheken und auch seitens der SAP-Mitarbeiter gebe es zu Weihnachten eine große Sachspende. Wir haben einen guten Ruf und bekommen fast niemals ein Nein. Unsere Kleiderständer sind beispielsweise von Betty Barclay gespendet worden “, so Kasimatis weiter.
Rund 300 bezugsberechtigte Personen nutzen Monat für Monat das AWO-Angebot: „Es wären noch mehr, aber es gibt bei manchen Berechtigten immer noch eine gewisse Scheu, bei uns einzukaufen. Bis sie dann einmal da waren und merken, dass sie für wenig Geld ihre Einkaufstasche mit guten Produkten vollgepackt bekommen.“
Per WhatsApp-Gruppe sei er mit den Leitern anderer Einrichtungen immer in Kontakt. „Wir alle geben weiter und tauschen auch. Wenn einer eine große Lieferung Waren erhält, dann gibt es eine entsprechende Nachricht in der Gruppe, da steht dann nur: `Bitte abholen.´ Da wir nur begrenzten Lagerplatz haben, bringen wir Waren, die für uns einfach zu viel sind - wie zum Beispiel Spenden von Online-Händlern - auch in das Zentrallager der Tafeln nach Mannheim. Es soll schließlich jeder etwas davon haben.“
Christiane Staab MdL bedankte sich bei einem Rundgang durch alle Räume des AWO-Gebäudes bei Kasimatis herzlich: „Sie und alle Ihre ehrenamtlichen Heferinnen und Helfer engagieren sich mit Herzblut für Ihre Mitmenschen. Dafür möchte ich Ihnen aufrichtig danken.“ Neben einer Spende hatte Staab auch eine „Gummibärchentorte“ für das AWO-Team als kleines Präsent mitgebracht.
Im Anschluss fuhren Kasimatis und Staab noch zur AWO-Geschäftsstelle, die sich in der Schulstraße 15 befindet, und besichtigten die dortige Spiele- und Bücherecke. Kasimatis informierte hierbei darüber, dass der Pachtvertrag für das AWO-Lädle und das AWORADO in der Albert-Schweitzer-Straße seitens der Gemeinde Sandhausen voraussichtlich in 2024 gekündigt werde. Aus diesem Grund sei die AWO Sandhausen bereits jetzt auf der Suche nach einer anderen geeigneten Räumlichkeit. (Text/Foto: Matthias Busse)