Unterwegs mit dem Waldflüsterer im Reilinger Eck
Walldorf. Für die einen ist ein Wald einfach nur ein Gebiet, auf dem viele Bäume stehen, für ihn sind die Wälder sein Zuhause: Fast 50 Jahre ist Revierförster Gunter Glasbrenner nun für Forst BW tätig. Bei einer Waldbegehung am vergangenen Samstag (20. Mai) in der „Schwetzinger Hardt“, zu welcher die Landtagsabgeordnete Christiane Staab (CDU) und der CDU-Stadtverband Walldorf eingeladen hatten, konnten sich die rund 35 Teilnehmer des Eindrucks nicht erwehren, dass der „Waldflüsterer“ nicht nur jeden Baum oder jede noch so kleinen Pflanze beim lateinischen Namen kennt, sondern auch deren jeweiligen Vornamen.
Kompetent, anschaulich und leidenschaftlich führte Glasbrenner zweieinhalb Stunden durch den Bereich „Reilinger Eck“ und informierte zunächst darüber, „dass es ein Riesenkampf war, der insgesamt 14 Jahre gedauert hat, bis das Regierungspräsidium Freiburg am 5. November 2013 die „Verordnung über das Regionale Waldschutzgebiet und den Erholungswald Schwetzinger Hardt“ erlassen habe. Glasbrenner: „Mit einer Fläche von insgesamt 3.125 Hektar ist die Schwetzinger Hardt damit das größte regionale Waldschutzgebiet mit Erholungswald in Baden-Württemberg.“
Dass der Klimawandel, einhergehend mit wenig Niederschlag und großer Hitze, enorme Auswirkungen auf das Waldgebiet hat, konnten die Teilnehmer auf der rund fünf Kilometer langen Begehung selbst in Augenschein nehmen. „Und das Reilinger Eck ist hiervon am stärksten betroffen und geschädigt“, sagte Glasbrenner, der ferner über die vielfältigen Maßnahmen von Forst BW berichtete, um den Wald zu erhalten und mit Blick auf die klimatischen Herausforderungen zukunftsgerichtet aufzustellen.
An einem Stoppunkt wies der Revierförster darauf hin, dass sich mit einem „Kiefernwald der sarmatischen Steppe“ ein außergewöhnlicher Lebensraum im „Reilinger Eck“ befinde. „Kiefernsteppenwälder gibt es in ganz Baden-Württemberg auf 19,2 ha und 7,9 ha davon befinden sich bei uns in Walldorf. Dies wurde der Europäischen Union (EU) gemeldet und dort entsprechend registriert. Länder, die diesen Waldtyp haben, sind gesetzlich verpflichtet, diesen zu erhalten oder wiederherzustellen.“ Eine solche Maßnahme sei „recht kostspielig und ein Riesenaufwand“, die Stadt Walldorf habe deren Finanzierung, unterstützt durch eine Förderung seitens der EU, übernommen.
Nächster Haltepunkt der Begehung war eine amerikanische Roteiche. „Die Blätter dieser Baumart färben sich im Herbst wunderbar rot, daher kommt auch der Name. Die Roteiche wächst drei- bis viermal schneller als beispielsweise unsere deutsche Eiche, und kommt kurioserweise mit dem Klimawandel sehr gut zurecht. Jetzt haben wir allerdings ein Problem, denn nach der Schonwaldverordnung dürfen wir hier keine ausländischen Baumarten setzen – und damit auch nicht die Roteiche. Ich halte es für falsch, stur an dieser Verordnung festzuhalten, gerade angesichts der jetzigen Notsituation“, kritisierte Glasbrenner.
Um den geschädigten Kiefernwald mit Eichen anzureichern, setzt der Revierförster auch auf eine „tierische Zusammenarbeit“: „Der Eichelhäher sammelt vor dem Winter fast 5000 Eicheln, von denen er 2000 nicht mehr wiederfindet. Er pflanzt sie, er versteckt sie, sowohl einzeln als auch in Gruppen. Beides kommt uns entgegen.“
Glasbrenner zeigte im weiteren Verlauf der Waldbegehung die Lagerstätte von Rehen, informierte darüber, wie sich Wildschweine ernähren und dass sie auf der Suche beispielsweise nach Engerlingen den Boden umgraben, und führte ferner zu dem sogenannten Kuhbrunnen und zur Waldweide, auf welcher die beiden Esel Bella und Camillo als vierbeinige Landschaftspfleger tätig sind.
Ihren Abschluss fand die interessante Tour in der Waldhütte des Vereins „Wanderfreunde Verkehrsverein Walldorf e. V.“. Gemeinsam mit seinem Helferteam hatte deren 1. Vorsitzender Hans Bühler erfrischende Getränke parat und Butterbrezeln wie auch heiße Würstchen mit Brötchen vorbereitet, was bei allen Teilnehmern auf große Resonanz stieß.
Christiane Staab MdL dankte Glasbrenner für die Führung: „Vielen Dank dafür, dass Sie noch kurz vor Ihrem Ruhestand, Ihren reichen Schatz an Wissen über und um den Walldorfer Wald und die Schwetzinger Hardt mit uns geteilt haben. Ich danke auch für die gemeinsame Zeit und unsere hervorragende Zusammenarbeit, als ich noch Bürgermeisterin der Stadt Walldorf war.“ (Text/Foto: Matthias Busse)