"Das ist ein Kampf für die Gesundheit der Patientinnen und Patienten“
Mühlhausen. Fehlende Wertschätzung und Anerkennung, das festgelegte „Fixum“, Entbürokratisierung und Sicherstellung der Versorgung: All das sind Punkte, die Apothekerin Annette Sunuwar von der Angelbach-Apotheke in Mühlhausen umtreiben und worauf sie am Apotheken-Protesttag am 14. Juni, gemeinsam mit rund 18.000 weiteren Apotheken, aufmerksam machen will.
Sunuwar ist ein "Apothekenkind", ihr Vater war ebenfalls Apotheker und arbeitet heute mit 84 Jahren noch jeden Tag ein paar Stunden mit. Die Zukunft der Apotheken sieht sie mit Sorge: „Das Apothekensterben wird kommen.“
„Im Grunde ist das kein Streik. Das ist ein Kampf für die Gesundheit der Patientinnen und Patienten“, erklärte Apothekerin Sunuwar beim Gespräch mit der Landtagsabgeordneten Christiane Staab (CDU). Und weiter: „Die Apotheken wurden in den vergangenen Jahren durch die Inflation entwertet und von der wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt."
Im Jahr 2013 wurde das, im Jahr 2004 in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegte „Fixum“, welches zum Ausgleich der fixen Betriebskosten der Apotheken eingeführt wurde, um 25 Cent von 8,10 Euro auf 8,35 Euro netto erhöht. Dieser Betrag sei seitdem unverändert. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. fordert in Anbetracht der Lohnsteigerungen sowie der gestiegenen Energiekosten eine Erhöhung dieses Betrags auf 12 Euro. Weiterhin soll dieser Betrag an die jährliche Kostenentwicklung angepasst werden. Für den zusätzlichen Aufwand bei der Bewältigung von Lieferengpässen fordern die Apothekerinnen und Apotheker einen angemessenen finanziellen Ausgleich („Engpass-Ausgleich“).
„Ich habe eine Mitarbeiterin, die nur damit beschäftigt ist, nach geeigneten Medikamenten zu suchen“, sagte Sunuwar. Grund für die aktuellen Lieferengpässe seien unter anderem die Produktion im Ausland und damit verbunden der Versuch, die Herstellungskosten zu senken. Die Rabattverträge zwischen Industrie und Krankenkassen erschwerten zudem die Arbeit der Apotheken vor Ort. „Wenn ich ein Rezept einer Patientin oder eines Patienten bekomme, dann darf ich jedoch nur das Medikament des Herstellers ausgeben, der mit der Krankenkasse einen Vertrag abgeschlossen hat. Andernfalls bekommen wir das Arzneimittel nicht erstattet (sogenannte Retaxation). Das führt mit den Patientinnen und Patienten oftmals zu Diskussionen, weil die das nicht wissen. Woher auch. Die Abschaffung der Null-Retaxation und die Reduktion des Bürokratieabbaus würde uns schon viel weiterhelfen.“
Eine Lösung sieht Pharmazeutin Sunuwar hier in der Festlegung eines Festpreises pro Wirkstoff: „Wenn Patienten dann unbedingt einen bestimmten Hersteller möchten, der sich oberhalb des Festpreises bewegt, dann muss die Differenz selbst gezahlt werden. Beim Hersteller, welcher sich unterhalb des Festpreises bewegt, fällt die Zuzahlung weg. Und beim Hersteller, der zum vereinbarten Festpreis anbietet, könnte dann die normale Zuzahlung fällig werden."
Staab dankte Annette Sunuwar für das sehr aufschlussreiche Gespräch: „Es ist schade, dass die Apothekerinnen und Apotheker in unserem Land immer weniger Wertschätzung erfahren, dabei sind doch die persönliche Beratung, die pharmazeutische Begleitung, aber auch der Kontakt vor Ort so wichtig. Die Politik muss endlich erkennen, dass wir die Apotheken brauchen. Unsere Apothekerinnen und Apotheker sind 365 Tage im Jahr auch mit den Notdiensten für uns da. Das muss gesehen und honoriert werden. Sie leisten hier täglich eine sehr gute und sehr wertvolle Arbeit und sind Ansprechpartner für Jung und Alt. Dafür möchte ich ausdrücklich danken."