Gemeinsames Ziel: Hochwassergefahr am Leimbach nachhaltig eindämmen
Leimen-St. Ilgen: Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder informierte die Landtagsabgeordnete Christiane Staab (CDU) und Leimens Oberbürgermeister Hans Reinwald vor Ort über laufende und kommende Maßnahmen
Leimen-St.Ilgen. Auf Initiative der Landtagsabgeordneten Christiane Staab (CDU/Wahlkreis Wiesloch) besuchte Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder (Regierungsbezirk Karlsruhe) am heutigen Donnerstagmorgen (13. Juli 2023) den Leimener Ortsteil St. Ilgen, um sich mit Staab und Leimens Oberbürgermeister Hans D. Reinwald über die aktuelle Situation am Leimbach auszutauschen.
Im Vorfeld des Treffens hatten Reinwald und Staab gegenüber dem Regierungspräsidium mehrfach und nachdrücklich auf die Hochwassergefahr am Leimbach hingewiesen. Reinwald hatte hierzu unter anderem ausgeführt: „Ich kann es nicht verantworten, eines Morgens hier ein zweites Ahrtal vorzufinden. Das Wetter wartet nicht, bis wir unsere bürokratischen Planungsphasen abgeschlossen und alles juristisch einwandfrei abgeprüft haben.“ Und Staab sagte bei der Begrüßung der Regierungspräsidentin heute Morgen: „Sprechen wir miteinander darüber, was man tun kann und was man tun muss. Dieses wichtige Thema steht schon länger im Fokus und drängt.“
Regierungspräsidentin Felder informierte über den Ende Juni 2023 erfolgten Einbau eines Hilfspegels sowie über aktuelle und zukünftige Maßnahmen am Leimbach. In der Vergangenheit sei es immer wieder zu hohen Pegelständen am Leimbach bei St. Ilgen gekommen, verursacht durch lokale Regen- beziehungsweise Starkregenereignisse. Das Regierungspräsidium wisse um die Herausforderungen am Leimbach und arbeite intensiv an Lösungen, die Lage vor Ort für die Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Hierbei sei es auch auf eine gute Zusammenarbeit mit den Kommunen angewiesen.
Durch den installierten Hilfspegel, dessen Inbetriebnahme vorbereitet werden, könnten Wasserspiegelschwankungen im Bereich der Regenwassereinleitung bei Nußloch nun besser festgestellt und so der Zufluss aus dem Leimbach in diesem Bereich automatisiert nahezu auf null gesetzt werden. Hierdurch müsse der Gewässerquerschnitt nur noch die Abflüsse aus der kommunalen Regenentwässerung der angrenzenden Kommunen aufnehmen. Bürgerinnen und Bürger könnten so besser vor Starkregenereignissen geschützt werden.
Regierungspräsidentin Felder: „Das ist eine Riesenaufgabe, wir können nur abschnittsweise vorgehen“
Felder: „Rund um den Leimbach sind verschiedene Maßnahmen im Werden. Wir können aber nur abschnittsweise vorgehen, denn zum einen ist das eine Riesenaufgabe, zum anderen ist der Leimbach nicht das einzige Gewässer erster Ordnung. Im gesamten Regierungsbezirk müssen wir immer schauen: Welche Gefahrenpotentiale gibt es und wo sind diese Gefahren im Zusammenspiel am Größten. Feuchte Keller spielen bei dieser Prüfung eine untergeordnete Rolle, auch wenn ein solches Vorkommnis für die jeweils Betroffenen schlimm ist. Wir aber müssen schauen, wo es um die Menschen geht, wo es um Leib und Leben geht, und auch, wo Menschen bei einem Hochwasserereignis beispielsweise durch sensibles Gewerbe in Gefahr sind. Wir müssen den Regierungsbezirk als Ganzes im Auge behalten und klug priorisieren.“
Die Regierungspräsidentin weiter: „Mit der Maßnahme M4 sind wir im Planfeststellungsverfahren, das liegt beim Landratsamt und wir müssen warten, bis dieses fertig ist. Bis dahin haben wir uns aber entschlossen, dass wir hier im Leimbach Sediment rausnehmen. Wir wissen, dass beide Dämme auf beiden Seiten nicht so standfest sind, wie wir uns dies wünschen würden. Wenn man jetzt Sediment in größerem Maße rausnimmt, wird sich das auf die Standfestigkeit der Dämme auswirken.“
Von daher müsse genau geprüft werden, ob dies technisch zu gewährleisten sei, und wenn man dies verantworten könnte, wie und wo man das Sediment zwischenlagern und entsorgen könne. Felder: „Die Entnahme von Sedimenten auf 400 Meter wird zu einer Masse von 700 Kubikmeter führen. Das ist ja der pure Schlamm, der da rauskommt, das ist nicht die reine Natur, die wir da rausholen, sondern wird im Zweifel belastet sein.“
700 Kubikmeter belastetes Sediment muss zwischengelagert und entsorgt werden
Dirk Lebrecht (Landesbetrieb Gewässer im Regierungspräsidium Karlsruhe) ergänzte: „Diese Arbeiten fangen bei der Theodor- Heuss-Brücke an und reichen bachabwärts weit hinter die Eisenbahnbrücke. Das Sediment wird mit dem Bagger herausgenommen und an den Stellen beispielsweise bei den Brücken, wo man mit dem Bagger nicht rankommt, wird man den Schlamm absaugen müssen. Wir werden ungefähr 500 Kubikmeter mit dem Bagger entnehmen können, 200 Kubikmeter werden abgesagt. Beim Absaugen haben wir einen hohen Wassergehalt und auch eine hohe Belastung. Durch Wasserproben ist bekannt, dass der Leimbach belastet ist, demzufolge muss das herausgenommene Material auch auf eine entsprechende Deponie. Mit Vertretern der Kläranlage und dem Abwasserzweckverband haben wir bereits Gespräche geführt. Die Fracht wurde bereits berechnet, als Zwischenlagerflächen werden wir Landesflächen verwenden.“
Hinsichtlich der Pflege der Dämme sagte Felder: „Wir haben in den vergangenen Jahren ein- bis zweimal die Pflege betrieben. Das ist grundsätzlich ausreichend und mehr ist auch nicht leistbar.“
Bekannt ist, dass es hier auch ein Problem mit Nutrias und Bisams gibt, denn die Tiere graben Gänge und Höhlen in Uferböschungen und Dämme und schwächen dadurch deren Strukturen. Der Landesbetrieb Gewässer (LBG) im Regierungspräsidium wird dazu die betroffenen Kommunen Leimen, Nußloch und Sandhausen zu einem gemeinsamen Fachgespräch einladen, um Lösungen zu erarbeiten. Susanne Diebold (Abteilungsleiterin Umwelt beim Regierungspräsidium Karlsruhe) sagte eine finanzielle Beteiligung seitens des Regierungspräsidiums zu, sollte die Stadt Leimen einen Jäger damit beauftragen, die Tiere zu fangen: „Mit anderen Kommunen haben wir da bereits eine solche Lösung gefunden.“
Abschließend ging es mit Blick auf Hochwasserereignisse darum, die Bürgerinnen und Bürger diesbezüglich mehr zu sensibilisieren und auch an die eigene Verantwortung jedes Einzelnen zu appellieren. „Seit zwei Jahren gehöre ich zu den 10 Prozent der Bevölkerung, die im Fall der Fälle auf einen bereits gepackten Rucksack zurückgreifen und das Haus umgehend verlassen können“, sagte Felder.
In diesem Zusammenhang schlug die Regierungspräsidentin vor, den Bevölkerungsschutz auch in den Schulen stärker zu thematisieren, beispielsweise bei Projekttagen, was seitens der Bildungspolitikerin Staab uneingeschränkte Unterstützung fand.
Auch wurde auf das Flut-Informations- und Warnsystem (FLIWAS) hingewiesen, das Städte, Kommunen und Wasserverbände für ihre Alarm- und Einsatzplanung nutzen können.
Die Maßnahmen im detaillierten Überblick
Neuer Hilfspegel am Leimbach bei Leimen-St Ilgen
Mit dem seit längerem umgesetzten Hochwasserrückhaltebecken (HRB) Nußloch und dem ausgebauten Hardtbach ist es möglich, bei Hochwasser die Abflüsse im Leimbach in diesem Bereich auf einen Kubikmeter pro Sekunde zu drosseln. Außerdem besteht hierdurch die Besonderheit, dass der Zulauf am HRB Nußloch in den Leimbach nahezu auf null gesetzt werden kann, wie auch am 26. August 2022 bei einem Starkregenereignis geschehen. Hierbei wurde der von Walldorf kommende Abfluss im Hardtbach weitergeleitet. So war es möglich, dass die unterhalb des Wehrs angrenzenden Kommunen ihr Regenwasser aus dem Starkregenereignis in den Leimbach leiten konnten. Sobald der Hilfspegel eingerichtet und funktionsfähig ist, können Wasserspiegelschwankungen, zum Beispiel durch die Regenwassereinleitungen im Bereich Nußloch, automatisch erfasst werden. Die Daten werden in Echtzeit an die Steuerung des Zulaufschützes geliefert, so dass dieses sich bei vorher festgelegten Wasserspiegeländerungen automatisiert verschließt und öffnet. Der LGB wird in seiner Zuständigkeit das Bauwerk auch weiterhin überwachen und prüfen.
Sedimententnahme im Leimbach
Für die Sedimententnahme im Leimbach im Bereich der Eisenbahnbrücke wurden die fachlichen Kriterien inzwischen mit Hilfe einer aufwändigen Machbarkeitsstudie herausgearbeitet. Im Rahmen der Studie wurde überprüft, welche Auswirkungen eine Sedimententnahme auf die Stabilität der Dämme hat. Voraussetzung für die Sedimententnahme im Rahmen der Unterhaltung sind die Zustimmungen verschiedener Behörden, wie der Unteren Wasserbehörde mit deren Fachbereichen Altlasten und Bodenschutz, der Fischereibehörde sowie dem Abwasserverband. Sobald die Zustimmungen vorliegen, erfolgt zeitnah die Ausschreibung und Auftragsvergabe.
Leimbach-Hardtbach-Projekte: Maßnahme 4 – Ausbau Leimbach-Unterlauf
Das Projekt „Ausbau Leimbach-Unterlauf“ ist ein Teilprojekt der Hochwasserschutzkonzeption Leimbach-Hardtbach mit fünf Einzelmaßnahmen (M 1 – M 5). Ziel ist es, den Hochwasserschutz am Leimbach zwischen den Ortslagen Wiesloch und Oftersheim zu optimieren und die Gewässerökologie am Leimbach im Sinne der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie deutlich aufzuwerten. Mit fünf Teilmaßnahmen werden, je nach räumlicher Lage und Situation, auch weitere Ziele ermöglicht, wie zum Beispiel die verbesserte Erlebbarkeit des Gewässers für Bürgerinnen und Bürger sowie die Erleichterung der Gewässerpflege und der Mahd der Dämme durch den LBG. Die Maßnahmen werden jeweils in einem Planfeststellungsverfahren vom Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis bearbeitet und anschließend durch den LBG umgesetzt werden. Neben dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss ist die Umsetzung auch von den Personal- und Finanzressourcen des Landes abhängig. Die Maßnahme M 4 befindet sich derzeit im Verfahren, insofern ist aktuell nicht absehbar, wann die Maßnahme baulich umgesetzt werden kann.
Nutrias und Bisame am Leimbach
Nutrias und Bisame, die aus Amerika stammen und somit in Europa als invasive Tierarten als sogenanntes Neozoen gelten, leben an Fließgewässern und graben Gänge und Höhlen in Dämme sowie Uferböschungen. Dadurch können sie diese Strukturen schwächen und beschädigen. Zur Schadensminderung werden deshalb entlang von Fließgewässern die Nutrias bejagt und die Bisame bekämpft. Da Nutrias unter das Jagdrecht fallen, werden sie von Jagdpächtern bejagt. Bisame können in Baden-Württemberg von ausgebildeten Personen mit Sachkundenachweis mittels Fallen bekämpft werden. Zuständig ist hierfür grundsätzlich der Träger der Unterhaltungslast, hier der LBG. Regierungspräsidentin Felder bittet hierfür die Gemeinde um Umsetzung und Unterstützung. Zur Bejagung der Nutrias in möglicher Kombination mit der Bisambekämpfung entlang des Leimbachs bei Leimen, Nußloch und Sandhausen, plant das Regierungspräsidium daher, zeitnah zu einem interkommunalen Fachgespräch einzuladen. (Text: Matthias Busse / Maßnahmenübersicht: Regierungspräsidium Karlsruhe)